Im Rahmen seiner regelmäßigen Unternehmensbesuche informierte sich Landrat Michael Fahmüller vor kurzem bei der Schneiderei Winkler in Malgersdorf, die seit drei Generationen hochwertige Damenoberbekleidung entwickelt und produziert. „Unser über 60-jähriges Familienunternehmen hat damals als kleine Maßschneiderei begonnen und sich zu einem heute modernen Industriebetrieb mit rund 50 Beschäftigten entwickelt“, berichtet Inhaberin Anneliese Winkler bei dem Besuch des Landrats, zu dem auch Malgersdorfs Erster Bürgermeister Franz Josef Weber gekommen war.
Vom ersten Schnitt bis zur Produktion – im Malgersdorfer Betrieb entsteht vorwiegend Damenoberbekleidung. „Vor allem Kleider, Jacken, Blusen und Röcke sind unser Spezialgebiet, in dem wir Musterteile, Größensätze und Serien produzieren. Mittlerweile schneidern wir aber auch Damentrachten wie Dirndl oder Röcke“, erklärt Juniorchefin Elisabeth Eder, studierte Modedesignerin und Leiterin für den Bereich Schnitt. Sie fertigt zum Beispiel auch Schnitt- oder Fotomuster bzw. Näh-Anleitungen für das bekannte Mode- und Nähmagazin „Burda Style“.
Als einer der letzten größeren Zwischenmeisterbetriebe in Niederbayern – es gibt nur noch etwa fünf in dieser Größenordnung – übernimmt das Unternehmen hochwertige Lohnfertigung für die Modebranche. „Die Schneiderei Winkler zählt zu den bedeutendsten Arbeitgebern in Malgersdorf. Ich bin stolz, einen solch besonderen Handwerksbetrieb in der Gemeinde zu haben“, betont Bürgermeister Franz Josef Weber.
Spezialisiert hat sich die Schneiderei auf Abendmode, die in Kleinserien für diverse Designer und etablierte Modemarken gefertigt werden. „Zu unseren wichtigsten Auftraggebern zählt das Münchner Designer-Duo Talbot Runhof, für das wir große Stückzahlen fertigen“, so Juniorchefin Eva Strobl, die als studierte Bekleidungstechnikerin die Fertigung leitet. Die Stoffe und Designs werden dabei vollständig vom Kunden vorgegeben. Als reiner Produzent verkauft die Schneiderei Winkler nicht selbst; Designer und Marken legen die Preise fest. Jährlich fertigt die Schneiderei Winkler bis zu 1.800 Kleidungsstücke.
Die Arbeit reicht vom ersten Schnitt bis hin zur kompletten Serienfertigung. Mittels CAD-Systemen werden Schnitte in verschiedene Größen umgewandelt bzw. gradiert, wie man im Schneiderhandwerk sagt. Diese werden zum Teil auch zur Weiterverarbeitung ins In- und Ausland verkauft. Und auch die betriebseigene Stickerei wächst seit zwei Jahren stark: sie wurde mit modernen Maschinen ausgestattet, bei denen jeder Stich über sogenanntes computergesteuertes „Punchen“ programmiert wird. „Der Stickservice wird sehr gut angenommen, die Nachfrage seitens Vereine und Firmen ist groß“, so Elisabeth Eder.
Bei einem Rundgang durch die Schneiderei, bei dem sozusagen der Weg eines Kleidungsstücks verfolgt wurde, wurde es dann ernst für Landrat Michael Fahmüller. Er durfte an einer Nähmaschine Hand anlegen. „Das ist schon sehr beeindruckend, wenn man das Schnittmuster, eine bloße Zeichnung, sieht und daraus dann wunderschöne Abendkleider und vieles mehr entstehen“, so der Landrat. „Da wird einem erst mal wieder bewusst, wie viel Arbeit und vor allem Handwerk dahintersteckt. Dieser Gedanke kommt heutzutage leider oftmals zu kurz, wenn man im Geschäft ein Kleidungsstück von der Stange nimmt.“
Im Gespräch mit dem Landrat, der die Unternehmensbesuche vor allem nutzen möchte, um in die Betriebe hinein zu horchen, wo Herausforderungen liegen, berichtete Joseph Winkler über die vergangenen Jahre: „Während der Corona-Pandemie stand die gesamte Produktion kurzweilig still“, so Winkler. „Dennoch gelang es uns, flexibel zu reagieren und kurzfristig in die Maskenproduktion einzusteigen. Seither hat sich die Schneiderei noch stärker auf Kleinserien spezialisiert – von individuellen Vereinsanfertigungen bis hin zu kleineren Serienproduktionen.“ Trotz eines Online-Booms im Modehandel, der stationäre Geschäfte zunehmend unter Druck setzt, ist die Nachfrage nach den von Winkler gefertigten Artikeln stabil: „Die meisten Stücke sind bereits vorproduziert oder vollständig verkauft, bevor sie das Haus verlassen. Die hohe Qualität und Spezialisierung auf Abendmode bieten uns eine sichere Nische“, so Eva Strobl. Die Produktionsplanung erfolgt mit einem Vorlauf von etwa sechs Monaten; momentan reicht der Plan bis in den Sommer 2026. Steigende Mindestlöhne und höhere Produktionskosten zählen ebenfalls zu den aktuellen Herausforderungen. Auch das Thema Ausbildung spielt eine wichtige Rolle. Angeboten werden die zweijährige Ausbildung zum Textil- und Modenäher sowie die dreijährige Ausbildung zum Modeschneider, die vertiefte Kenntnisse vermittelt. Doch auch diese Branche kämpft wie viele andere im Handwerksbereich mit dem zunehmenden Fachkräftemangel, wie Anneliese Winkler erläutert: „Es fehlt an jungen Menschen, die das Handwerk erlernen möchten. Aber wir sind optimistisch und positiv, denn zugleich gibt es motivierte Auszubildende, die im Betrieb bleiben und sich weiterentwickeln möchten.“
„Herzlichen Dank, liebe Familie Winkler, für die spannenden Einblicke in ein doch sehr besonderes Handwerk und den interessanten Austausch“, so Landrat Michael Fahmüller abschließend.
Bild: Landrat Michael Fahmüller (r.) an der Nähmaschine: über die Schulter schauten ihm dabei (v.l.): die Inhaber Anneliese und Joseph Winkler, die beiden Juniorchefinnen Elisabeth Eder und Eva Strobl sowie Malgersdorfs Erster Bürgermeister Franz Josef Weber.