Im Rahmen seiner regelmäßigen Unternehmensbesuche informierte sich Landrat Michael Fahmüller vor kurzem bei der Schneiderei Winkler in Malgersdorf, die seit drei Generationen hochwertige Damenoberbekleidung entwickelt und produziert. „Unser über 60-jähriges Familienunternehmen hat damals als kleine Maßschneiderei begonnen und sich zu einem heute modernen Industriebetrieb mit rund 50 Beschäftigten entwickelt“, berichtet Inhaberin Anneliese Winkler bei dem Besuch des Landrats, zu dem auch Malgersdorfs Erster Bürgermeister Franz Josef Weber gekommen war.
Vom ersten Schnitt bis zur Produktion – im hochtechnisierten Malgersdorfer Betrieb entsteht vorwiegend Damenoberbekleidung. „Vor allem Kleider, Jacken, Blusen und Röcke sind unser Spezialgebiet, in dem wir Musterteile, Größensätze und Serien für verschiedene namhafte Kunden produzieren. Dazu zählen auch Trachten wie Dirndl oder Röcke“, erzählt Juniorchefin Eva Strobl. Als einer der letzten größeren Zwischenmeisterbetriebe in Niederbayern – es gibt nicht mehr viele in dieser Größenordnung – übernimmt das Unternehmen hochwertige Lohnfertigung für die Modebranche. „Die Schneiderei Winkler zählt zu den bedeutendsten Arbeitgebern in Malgersdorf. Ich bin stolz, einen solch besonderen Handwerksbetrieb in der Gemeinde zu haben“, betont Bürgermeister Franz Josef Weber.
Spezialisiert hat sich die Schneiderei auf Abendmode, die in Kleinserien für diverse Designer und etablierte Modemarken gefertigt werden. „Zu unseren wichtigsten Auftraggebern zählt das international und kürzlich auch am englischen Königshof getragene Münchner Designer-Duo Talbot Runhof, für das wir auch größere Stückzahlen fertigen“, so Eva Strobl, die als Bekleidungstechnikerin mit Auslanderfahrung die Fertigung leitet. Die Stoffe und Designs werden dabei vollständig vom Kunden vorgegeben. Als reiner Produzent verkauft die Schneiderei Winkler nicht selbst; die in Malgersdorf produzierten Waren gehen an ihre Kunden und von dort weiter in die ganze Welt.
Die tägliche Arbeit in der Schneiderei Winkler reicht vom ersten Schnitt bis hin zur kompletten Serienfertigung. Mittels CAD-Systemen werden Schnitte in verschiedenen Größen erstellt bzw. gradiert, wie man im Schneiderhandwerk sagt. Die produktionsreifen Schnitte werden zum Teil auch zur Weiterverarbeitung ins In- und Ausland verschickt.
Seit einigen Saisonen erstellt die Firma Winkler auch Schnittmuster für das international bekannte Mode- und Nähmagazin „Burda Style“. „Die zugehörigen Fotomusterteile und Näh-Anleitungen in den Journalen entstehen ebenso in unserem Betrieb in Malgersdorf“, so Juniorchefin Elisabeth Eder, die Modedesign studiert hat.
Auch die betriebseigene Stickerei wurde in den letzten zwei Jahren immer weiter ausgebaut und mit modernen Maschinen ausgestattet. Diese computergesteuerten Stickautomaten arbeiten mit Stickprogrammen, das heißt, für jedes Stickmotiv muss vorab erst einmal jeder Stich programmiert werden - im Fachchargon „Punchen“ genannt. „Der Stickservice wird gut angenommen, die Nachfrage seitens Vereine und Firmen wächst kontinuierlich“, so Elisabeth Eder.
Bei einem Rundgang durch die Schneiderei, bei dem sozusagen der Weg eines Kleidungsstücks verfolgt wurde, wurde es dann ernst für Landrat Michael Fahmüller. Er durfte an einer Nähmaschine Hand anlegen. „Das ist schon sehr beeindruckend, wenn man das Schnittmuster, eine bloße Zeichnung, sieht und daraus dann wunderschöne Abendkleider und vieles mehr entstehen“, so der Landrat. „Da wird einem erst mal wieder bewusst, wie viel Arbeit und vor allem Handwerk dahintersteckt. Dieser Gedanke kommt heutzutage leider oftmals zu kurz, wenn man im Geschäft ein Kleidungsstück von der Stange nimmt.“ Es vergeht rund ein halbes Jahr, bis ein Teil vom Entwurf bis in den Laden gelangt.
Im Gespräch mit dem Landrat, der die Unternehmensbesuche vor allem nutzen möchte, um in die Betriebe hinein zu horchen, wo Herausforderungen liegen, berichtete Joseph Winkler über die vergangenen Jahre: „Während der Corona-Pandemie stand die gesamte Produktion kurzzeitig still“, so Winkler. „Dennoch gelang es uns, flexibel zu reagieren und kurzfristig in die Maskenproduktion einzusteigen.“ Trotz eines Online-Booms im Modehandel, der stationäre Geschäfte zunehmend unter Druck setzt, ist die Nachfrage nach den von der Schneiderei Winkler gefertigten Artikeln stabil: „Die meisten Stücke sind bereits verkauft, bevor sie das Haus verlassen. So entstehen keine Produktionsüberhänge. Die hohe Qualität und die Spezialisierung auf Abendmode bieten uns eine Nische im Luxussegment“, so Eva Strobl.
Zu den aktuellen schwierigsten Herausforderungen zählen steigende Löhne und höhere Produktionskosten, die an die Kunden weitergegeben werden müssen und letztendlich das Produkt verteuern. Des Weiteren kämpft die Branche wie viele andere im Handwerksbereich mit dem zunehmenden Fachkräftemangel, wie Anneliese Winkler erläutert: „Es fehlt an jungen Menschen, die das Handwerk erlernen möchten. Aber wir sind optimistisch und positiv, denn zugleich gibt es motivierte Auszubildende, die sich für das Handwerk entscheiden oder sich in der Modebranche weiterentwickeln möchten.“ Das Thema Ausbildung spielt bei der Schneiderei Winkler eine wichtige Rolle. Angeboten werden die zweijährige Ausbildung zum Textil- und Modenäher sowie die dreijährige Ausbildung zum Textil- und Modeschneider, die vertiefte Kenntnisse vermittelt.
„Herzlichen Dank, liebe Familie Winkler, für die spannenden Einblicke in ein doch sehr besonderes Handwerk und den interessanten Austausch“, so Landrat Michael Fahmüller abschließend.
Bild: Landrat Michael Fahmüller (r.) an der Nähmaschine: über die Schulter schauten ihm dabei (v. l.): die Inhaber Anneliese und Joseph Winkler, die beiden Juniorchefinnen Elisabeth Eder und Eva Strobl sowie Malgersdorfs Erster Bürgermeister Franz Josef Weber.